geschichte
- Geschichtliche Entwicklung des Stadtteils Eversten -

Was bedeuten die Namen Wienhof und Nonnenkamp?


Dr. F. W. Schaer

Was bedeuten die Namen Wienhof und Nonnenkamp?
untersucht aus der Vergangenheit überkommene Flurnamen in Eversten

Nicht wenige Oldenburger und erst recht Fremde, die hier zu Besuch weilen, werden die Wienstraße mit der österreichischen Bundeshauptstadt in Beziehung setzen. Sie ahnen kaum, daß die städtische Wien- oder Weinstraße — beide Namen sind identisch — bereits in der Landbeschreibung der Hausvogtei Oldenburg von 1681 genannt wird. Die Wienstraße führte schon damals zum Wienhof (auch Wienhoff oder Weinhoff genannt), der vermutlich wesentlich älter ist. Friedrich Schohusen glaubt ihn 1623 zum erstenmal nachweisen zu können.

In den Quellen des Staatsarchivs Oldenburg wird er wohl 1639 zum erstenmal genannt. Da heißt es im Protokoll über die von den Bauern der oldenburgischen Geestvogteien zu leistenden Frondienste: „Wann der Weinhoffe soll bestellet werden, mußten solches die Warenborger (Wardenburger D. Verf.) thun, denselben graben (Entwässerungsgraben instandhalten D. Verf.) und bearbeiten und werden gespeiset, und mußen die Rasteders, Zwischen ahners und die Hausvogtey den Zaun darumb halten. Bau und Beßerunge und so Dornen geknicket wiert, thun solches die Osternburger oder Overs (Ofener D. Verf.) und Wechloyers und fahren die Warenborgers auch den Meß darin."

Beschreibung aus der Dänenzeit

Nehmen wir dazu noch die Beschreibung des Wienhofs aus einer Bestandsaufnahme der hiesigen Forsten aus der dänischen Zeit (1705). Nachdem festgestellt wird, daß der Wienhof nahe beim Everstenholz zwischen anderen Gärten liegt, heißt es dann wörtlich: „Ist ein viereckiger, sandiger Platz, auff welchem einige junge wachsende Eichen stehen . . . Der Hoff ist rundumb bewaldet, aber die Befriedigung liegt mehrenteils offen."

Zieht man aus beiden Beschreibungen die Quersumme, so ergibt sich das Bild eines kleinen mehr oder weniger umzäunten und umwallten herrschaftlichen Eichenholzes, in dem einzelne Äcker oder Weiden lagen, die von Frondienst leistenden Bauern bewirtschaftet wurden. Soviel ist sicher: „Hoff" heißt hier nicht Bauernhof, wie auch Schohusen richtig bemerkt. Ein Hoff kann ebensogut ein Kohl- oder Baumgarten sein. Um letzteres scheint es sich hier zu handeln. Noch um 1835 war der Große Wienhof nichts weiter als ein großer Kamp. Damit haben wir die weitere Entwicklung des Gebietes westlich des Everstenholzes bereits skizzenhaft vorweggenommen.

Die Waldinseln wurden gerodet

Als die dänische Regierung seit etwa 1760 die kleinen, locker über das Land zerstreuten herrschaftlichen Gehölze in den beiden Grafschaften, die forstwirtschaftlich ohne besondere Bedeutung waren, zum Verkauf an Privatleute freigab, fielen diesen Maßnahmen in Eversten der Wienhof, der restliche Tannenkamp und der Nonnenkamp zum Opfer. Die bislang noch übrig gebliebenen Waldinseln wurden nun auch von den neuen Besitzern gerodet. An ihrer Stelle entstanden bald Äcker oder Weiden und in zunehmendem Maße Gärten von Oldenburger Bürgern. Um ein Haar hätte bei dieser Rationalisierungswelle auch das Everstenholz, das schon auf der Abschußliste stand, dran glauben müssen. Doch siegte das neuerdings für die Schönheiten der Natur aufgeschlossene Empfinden der Rokokogesellschaft über den bürokratischen Rationalismus. Als man den Wald als Stätte stiller Erholung und naturfrommer Geselligkeit ernst zu nehmen begann, erkannte man auch in Oldenburg den Nutzen eines stadtnahen Waldes für seine Bürger. Das Everstenholz, einst zur Schweinemast und Hochwildjagd bestimmt, verwandelte sich seit 1770 in einen Waldpark mit gradlinigen, bequemen „Spaziergängen".

Ist somit die Geschichte des Wienhofs seit dem Beginn des 17. Jahrhunderts ein wenig aufgehellt worden, so gibt doch der Name immer noch Rätsel auf. Kohls These, der Wienhof sei ein Hof gewesen, welcher früher der Kirche zur Anschaffung von Abendmahlswein eine bestimmte Abgabe zu entrichten hatte, klingt wenig glaubwürdig, wenn man davon ausgehen darf, daß dort nie ein Gehöft gestanden hat. Eher wäre es denkbar, daß der Wienhof oder Teile davon früher gegen Weinkauf an Bauern ausgetan worden ist. Ebensogut kann aber der Name Wienhoff durch Kontraktion über die Media aus Widenhof (Weidenhof) entstanden sein. Entgegen Schohusens These ist nämiich der Name Widenhoff auch in Oldenburgs Umgebung nachweisbar. Der Widenhoff in Herbergen. Kirchspiel Wardenburg. ist dafür ein Beweis {H. Lübbing, Register des Drosten v. d. Specken, 1965, S. 49).

Auch herrschaftlicher Eichenwald

Dicht neben dem Wienhof lag der Nonnenkamp, wie jener ein kleiner herrschaftlicher Eichenwald. Auch hier mußten die Bäuerlein aus Ofen, Wehnen und Wechloy die Umzäunung instandhalten. Wenn das Vieh aus den Nachbarweiden - wegen Zerstörung der Zäune - ungehindert in die Bepflanzungen vorstoßen konnte, hatten die dienstpflichtigen Bauern den entstandenen Sachschaden aus eigener Tasche zu bezahlen. 1764 wurde der Nonnenkamp an den Bauern Johann Köster aus Ofen veräußert, der vermutlich schon bald die restlichen Bäume niederlegte, um das Land zu kultivieren. Zweifelsohne gibt der Name Nonnenkamp zu vielen Spekulationen Anlaß. Zunächst ist man geneigt, an eine Verbindung zum Dominikanerinnenkloster Blankenburg, dem einzigen Nonnenkloster der nächsten Umgebung, zu glauben. Jedoch findet sich in der schriftlichen Überlieferung des Klosters nirgends ein Anhaltspunkt, daß dieses einmal in Eversten grundherrliche Rechte ausgeübt hat. Oder sollte ein Zusammenhang mit der Frau des ersten Inhabers des gräflichen Gasthauses „Zum goldenen Löwen" am Markt in Oldenburg (1576) bestehen, die Anna Nonne hieß? In der näheren Umgebung des Nonnenkamps hat sicher kein Kloster gestanden, wie dies Strackerjan vermutet.

Quellen und Literatur: Nds. Staatsarchiv Oldenburg: Akten der Bestände 20, 71-4b und 76-9. E. Pleitner, Geschichtliche Wanderung durch die Hausvofei Oldenburg. Nach archivalischen Quellen dargestellt. In: Oldenburger Nachrichten für Stadt und Land Jgge. 1922-1925, Abschnitt 37. Eversten. F. Schohusen, Die Straßennamen Oldenburgs. In: NWZ 1953 Nov.-1954 Nov.

Quelle:

Bürgerverein Eversten, "50 Jahre Eversten", Oldenburg. Dr. F. W. Schaer.