geschichte
- Geschichtliche Entwicklung des Stadtteils Eversten -

Aus der Enge in die Weite


Wolfgang Hofmann

Aus der Enge in die Weite
Ein „offenes Haus" sollte es werden, als die Gemeinde vor 26 Jahren begann, ein neues Zentrum für ihre Arbeit zu bauen - offen für alle, ganz besonders für Menschen, die keine kirchliche Bindung haben und nach Orientierung fragen. In Gottesdiensten, Bibelstudium, Gruppenarbeit und diakonischen Aktionen sollte Lebenshilfe angeboten werden. Darin sieht die Gemeinde ihren Auftrag, wie ihn Jesus von Nazaret vorgelebt hat. Darum sind alle diese Veranstaltungen öffentlich, und jeder ist herzlich willkommen, daran teilzunehmen.

Dem Architekten Reinhard Fritsch gelang es, die Idee eines offenen Hauses in überzeugender Weise umzusetzen. Der Bau öffnet sich durch eine Glaswand zur Eichenstraße. Das Gottesdienstgeschehen ist von außen einsehbar. Ein weites Forum lädt zu vielfältiger Begegnung und Kommunikation ein. Das hohe, mehrfach gefaltete Dach, das zum Gebet gefaltete Hände symbolisiert, überspannt einen lichten Gottesdienstsaal. Den umgeben kleinere Räume für unterschiedliche Nutzung. Besonders diese Gruppenräume hatte man in der ersten Kreuzkirche am Steinweg sehr vermißt, waren sie doch für das neue Verständnis von Kirchenleben dringend erforderlich geworden. So empfindet die Gemeinde den Standortwechsel nach Eversten in mehrfacher Hinsicht als einen Schritt aus der Enge in die Weite.

Für den Ortsteil Eversten sprach, daß er damals immer dichter besiedelt wurde und viele junge Familien hier bauten. Man konnte wieder - anders als im Stadtinneren - mitten unter den Menschen im Alltagsleben präsent sein. Zusätzlich zu bisherigen Aufgaben eröffneten sich nun viele neue Möglichkeiten. Auch die Begegnung und Zusammenarbeit mit den benachbarten Kirchen brachte neue Erfahrungen, z.B. bei den Weltgebetstagen oder Kinderwochen, besonders auch bei den zwei großen Regionalkonferenzen zum Thema Frieden und bei der Kirchenwoche anläßlich des 650jährigen Stadtjubiläums. Aus dieser gemeinsamen Arbeit gingen verschiedene Aktionen der Obdachlosen-Hilfe hervor, u. a. die „Oldenburger Tafel".

Viele Menschen der Stadt haben inzwischen Konzerte, Vorträge oder Ausstellungen in der Kreuzkirche besucht, seien es Chöre aus den USA oder aus Israel, Chagall- oder Bibelausstellungen, Dichterlesungen von Manfred Hausmann oder Vorträge von Christa Mewes und Prof. Leo Trepp. Auch andere Veranstalter benutzen gern den großen Kirchenraum mit seiner hervorragenden Akustik. Das Gymnasium Eversten ist seit Jahren mit seinen Weihnachtskonzerten ein gern gesehener Gast.



Längst besuchen nicht mehr nur Gemeindemitglieder die Gottesdienste. Viele Freunde und Gäste nehmen teil. Fast jeden Sonntag wird eine Übersetzung der Predigt für Afrikaner angeboten. Studenten aus Asien sind keine Seltenheit. Der Blick geht über die Grenzen von Eversten in die Weite hinaus. In Südafrika wird z. Zt. ein Programm zur Überwindung des Rassismus und zur Versöhnung mitfinanziert. Große Unterstützung erhielt die Gemeinde durch die Bevölkerung der Stadt und der Umgebung bei ihren Hilfsaktionen für Rumänien. In 15 Transporten konnten Sachspenden im Werte von über 2 Millionen DM dorthin gebracht werden.

Der neueste Versuch, sich den Fragen der Menschen zu öffnen, wird in Spezial-Gottesdiensten unternommen. Diese beginnen um 10.00 Uhr. Flotte zeitgemäße Musik und kleine Theater-Anspiele unterstützen die Predigt zu aktuellen Lebensproblemen. Ganz kleine Kinder werden betreut, für die etwas größeren wird ein eigenes Programm angeboten. Mütter mit Babys können dem Gottesdienstgeschehen aus einem besonderen Raum verfolgen, wenn sie das wünschen. Ab 12 Uhr gibt es Gelegenheit, sich bei Tee oder anschließendem Mittagessen zu unterhalten. Sehr viele haben dieses neue Angebot schon wahrgenommen.

Die Baptisten - so ihr internationaler Name, abgeleitet von taufen - versammelten sich von 1837 bis 1973 in verschiedenen Häusern der Innenstadt. Ihre älteste Kapelle in der Wilhelmstraße dient heute als Synagoge. Da die Freikirche sich selbst durch freiwillige Spenden finanziert und keine staatlichen Zuschüsse beanspruchen will, war der Neubau in Eversten für die etwa 480 Mitglieder eine beachtliche Herausforderung. Erstaunlicherweise löste sich dieses Problem viel schneller als erwartet, so daß seit der Bauphase bis heute in der Regel bis zu einem Drittel der Spenden für überregionale Aufgaben zur Verfügung gestellt werden konnte, besonders für Nothilfe-Projekte. Auch dadurch entstehen immer wieder persönliche Beziehungen von Eversten aus zu Menschen in Osteuropa, Afrika oder Südamerika.

Quelle:

Hans-Günther Zemke (Hg), "Eversten an der Schwelle zum Jahr 2000", Verlag Ernst Knoth, Melle 1999, ISBN 3-88368-310-8. Wolfgang Hofmann, Realschullehrer, Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde KöR. (Baptisten), Oldenburg-Eversten